nennt man Redewendungen, die aus Liedtexten, Gedichten oder anderen literarischen Stücken stammen und die es geschafft haben, auch in ganz anderen Zusammenhängen zitiert zu werden. Sie haben sich quasi selbstständig gemacht und werden dann mehr oder weniger ihrem Sinn entsprechend angewandt.
In einschlägigen Sammlungen solcher „geflügelter Worte“ nimmt die Bibel einen hervorragenden Platz ein. Manch eine/r weiß gar nicht, dass da oft munter aus den Psalmen oder aus der Sprüchesammlung Salomos zitiert wird. Beispiele gefällig?
„Wenn dich die bösen Buben locken, so folge nicht.“ (Sprüche 1, 10). Nun ja, manche folgen dem Locken doch und lassen sich nicht davon abbringen, ein „Lästermaul“ (Sprüche 4, 24) zu haben, wohl wissend: „unrecht Gut gedeiht nicht gut“ (Sprüche 10, 2). Vielleicht fällt das alles in den Bereich der „Jugendsünden“ (nach Psalm 25, 7). Ehe Sie mein Schreiben gründlich, also „auf Herz und Nieren prüfen“ (Psalm 7, 10), beende ich dieses „Bubenstück“ (Psalm 41, 7).
Vielleicht nehmen Sie ja an einem lauen und noch hellen Sommerabend ihre gute alte Bibel zur Hand und suchen und finden weitere solcher Redensarten.
Ein tatsächlich „geflügeltes“ Wort wurde als Monatsspruch für den August ausgewählt:
„Du bist mein Helfer, und unter dem Schatten deiner Flügel frohlocke ich.“ (Psalm 63, 8)
Bei den Stichwörtern „Flügel“ und „frohlocken“ denke ich an den kleinen, geflügelten Freund, der mich morgens beim Frühstücken – ich auf dem Balkon beim Käffchen, er gegenüber im Baum beim Naschen an den wilden Kirschen – mit seinem Mönchsgrasmückenlied erfreut.
Die Zeilen zum Monatsspruch schreibe ich an einem besonders heißen Sommertag. Ich bin froh, im Schatten zu sitzen. Mit solch einer Situation, einem geschützten Platz, wenn es gar zu heiß wird, vergleicht der Psalmbeter die Hilfe, die er von Gott erfährt. Anders als der Psalmbeter aber sitzen wir oft trotz erfahrener Hilfe wohlbehütet (Psalm 121, 5 + 7!) beieinander und stimmen ein Klagelied an.
Das Motto für den August rät jedoch, erstens die Hilfe Gottes (die sich vielleicht in helfendem Handeln von Menschen zeigt) wahrzunehmen und zweitens den Dank dafür zu äußern.
Gutes wahrnehmen und gute Stimmung machen, das ist die nachdrückliche Empfehlung, die uns in diesen auch durchaus bedrückenden Zeiten gegeben wird. Ich nehme mir jedenfalls vor, positiv zu bleiben und mich nicht zu sehr zum unbegründeten Jammern verleiten zu lassen.
Ein Wort in eigener Sache, weil ich immer wieder einmal danach gefragt werde. Ja, ich „gehe in Rente“, mit Ablauf dieses Kirchenblattes. Aber der Waldheim-Geringswalder Kirchenvorstand hat sich mit mir dahingehend geeinigt, dass es eine „Verlängerung“ geben soll. Inzwischen ist es vertraglich geregelt, dass ich bis zum 30. April 2024 im Dienste der Ev.-luth. Landeskirche Sachsen bleibe und mit der Verwaltung meiner derzeitigen Pfarrstelle beauftragt bin.
Da können wir nun beklagen, dass aber dann Schluss ist – oder uns daran freuen (darüber „frohlocken“), dass wir bis dahin noch manches miteinander erleben werden. Ich will es da gerne mit dem obigen Spruch halten.
Dass Gott uns „unter seine Fittiche“ (Psalm 64 oder 91) – also unter seine Flügel – nehmen möge, ist mein Wunsch für den Spätsommer und den nahenden Herbst.
Ihr Pfarrer Klaus Tietze