Lieber Paulus,
ein herausfordernder Satz, den du am Schluss deines Briefes an die Gemeinde in Korinth schreibst! Vor fast 2000 Jahren hast du auf deinen Missionsreisen weite Strecken zurückgelegt und bist an vielen Orten unterschiedlichsten Menschen begegnet. So auch in Korinth, wo du bei Aquila und Priscilla, einem judenchristlichen Ehepaar, wohnen und als Zeltmacher arbeiten konntest. Als Apostel hast du dir einen großen Namen gemacht und zählst bestimmt zu den meistzitierten Theologen! Beim Verfassen deiner Briefe konntest du nicht ahnen, dass sie bis heute gelesen und in umfangreichen Lehrbüchern verhandelt werden. Ist es nicht umwerfend, dass mir deine Briefe in der Bibel als Wort Gottes begegnen? Wie hättest du sie wohl als Kind der heutigen Zeit geschrieben? Ob du den einen oder anderen Satz anders formuliert hättest, an dem sich bis heute die Geister scheiden?
Was ich an dir bewundere: du setzt dich leidenschaftlich für das ein, wovon du überzeugt bist. Du wurdest angefeindet und gesteinigt, warst oft in Lebensgefahr und wurdest ins Gefängnis geworfen. Nichts konnte dich von deinem Auftrag abhalten, Menschen zum Glauben an Jesus Christus einzuladen.
Über Briefe hieltest du Kontakt zu den jungen Gemeinden. Ich staune, dass in Korinth schon Konflikte schwelten, die unsere Kirchen und Gemeinden bis heute beschäftigen und zu Trennungen führen.
„Was sollen wir nun hierzu sagen?“ (Römer 4,1) – dieser Satz aus deiner Feder bringt es auf den Punkt, was dich in deinen Briefen umtrieb und uns bis heute immer wieder neu herausfordert, Stellung zu beziehen. Du wagst es, die Gemeinde in Korinth zu ermahnen und Dinge konkret anzusprechen.
Bei allem Bemühen entdeckst du als Kenner der Tora und als Verkündiger der bedingungslosen Gnade Gottes in Jesus Christus, dass ohne Liebe alles nichts ist und nichts nützt. In deinem „Hohelied der Liebe“ wirst du zum Poeten. Es ist einer der berührendsten Texte über die tiefen Dimensionen von Liebe, die das ganze Leben mit all seinen Bezügen umfasst. Die göttliche Liebe eben …
Deshalb am Ende deines Briefes:
Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe. 1.Korinther 16, 14
Wie deine ursprünglichen Adressaten mit dieser Herausforderung umgegangen sind, weiß ich nicht. Ich möchte mich ihr stellen und weiß jetzt schon, dass ein ganzes Leben dazu nicht reicht. Trotzdem wage ich es …